Golfreisen - Trends und Vorlieben
01.12.2019

Ergül Altinova (CEO golf.extra) im Interview mit Ingo Grünpeter (Golf Journal 12/2019).

Golf.extra ist langjähriger und exklusiver Reise-Partner der Swiss PGA. Ergül Altinova, CEO und Eigentümer, im Interview mit Golf Journal über aktuelle Trends und Kundenbedürfnisse im anspruchsvollen globalen Markt für Golfreisen.

Die Klientel hat umgedacht

Es gibt wenige Länder und Golfplätze, die Ergül Altinova, Chef von Golf.Extra, nicht bereist hat. Gerade war er auf der weltweit wichtigsten Branchenmesse, dem IGTM in Marrakesch: Wohin geht der Weg bei den Golfreisen, gibt es Trends für kommendes Jahr, wie wichtig ist der Sicherheitsaspekt u.v.m.? Golf Journal sprach mit dem Inhaber des größten Anbieters von Golfreisen im deutschsprachigen Raum.

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Golf Journal

Herr Altinova, vor ein paar Wochen hat es im Tourismusbereich mit der Insolvenz von Thomas Cook ordentlich »rums!« gemacht. Nicht der erste Paukenschlag im Jahr 2019. Wie ordnen Sie den Markt allgemein und für Ihr Unternehmen ein?

Wenn ich den Markt beobachte und sehe, wie sich andere Mitbewerber verkleinern, kann ich sagen: Nach zwölf bis 13 Jahren unseres Bestehens haben wir erstmals kein Wachstum generiert. Setze ich das ins Verhältnis zu den ganzen Problemen, ist das ein großer Erfolg. Der ein oder andere namhafte Anbieter hat aufgegeben sowie ein paar Ein-Mann-Betriebe, faktisch haben wir für den Markt einfach zu viele Veranstalter. Es ist ein reiner Verdrängungsmarkt geworden. Wir haben bei Golf.Extra nie die Strategie verfolgt, die Kunden über den Preis zu gewinnen. Servicequalität stand und steht bei uns immer ganz oben auf der Agenda, und das hat sich schon zum zweiten Mal in unserer Firmengeschichte ausgezahlt. Beispielsweise mit dem Wegfall der Destination Belek vor ein paar Jahren – die Kunden sind alle bei uns geblieben.

Diese Situation der Verdrängung wird auch noch in den nächsten drei bis fünf Jahren so weitergehen. Der Markt wächst einfach nicht mehr, und so versuchen sich viele, mit dem Preis über Wasser zu halten.

Hat die Thomas-Cook-Pleite eigentlich Auswirkungen?

Da wir ja ein eigenständiger Reiseveranstalter sind, gar nicht. Wenn es die Fluggesellschaft Condor (eine Thomas- Cook-Tochter, Anm. d. Red.) nicht schaffen würde, würde es uns sehr massiv treffen. Das wären wahrscheinlich Ausmaße wie damals beim Aus von Air Berlin. In den letzten Jahren sind drei Fluggesellschaften pleitegegangen, ich hoffe für den Standort Deutschland, dass Condor gerettet wird.

Ergue Altinova

Ergül Altinova

Die Kunden werden künftig wohl mehr darauf achten, dass Reisen auch durchgeführt werden. Könnte das ein weiterer Aspekt neben der Sicherheit bei der Destination werden?

Sie sprechen das aktuelle Beispiel mit der Türkei und Belek an: Wir haben glücklicherweise keine Stornierungen gehabt. Die Türkei war in letzter Zeit wieder ein dynamischer Markt mit wachsenden Zahlen, und jetzt stellt sich die Frage: Bleibt das auch weiterhin so? Das kann man schwer beantworten, weil man ja nicht vorhersehen kann, wer sich in den kommenden Monaten mit dem Gedanken trägt. Es geht auch gar nicht so sehr um Sicherheitsbedenken, sondern viel mehr um die Politik des Landes. Wir haben kritische Kunden, und dennoch haben wir für Belek in 2019 ein Wachstum von etwa 120 Prozent gehabt.

Haben Spanien und Portugal ihre Positionen als Lieblingsziele der deutschen Golfer gehalten?

Ja. Beide sind die großen Gewinner der letzten Jahre. Und wenn ich da alleine das Festland betrachte, ist Portugal der Sieger – das bessere Produkt für unsere Kunden. Die hochwertige Hotellerie ist auch wirklich 5-Sterne-Niveau. An der spanischen Costa del Sol machen bedauerlicherweise viele 5-Sterne-Hotels auch über Winter zu. In Summe ist Spanien mit den Kanaren dennoch die Nummer eins.

Gibt es Trends für 2020?

In der Tat. Griechenlands Costa Navarino ist bei uns durch die Decke gegangen.

Tendieren die Golfer vermehrt zu näheren Zielen mit kürzeren Flugzeiten?

Jein. Mit dem Einbruch in Belek in 2015 und Folgejahren ist, entgegen meiner Vermutung, bei uns die Nachfrage außerhalb Europas sehr gestiegen. Wir sind seit einigen Jahren der größte Produzent aus dem deutschsprachigen Raum für Dubai und Abu Dhabi. Fernreisen sind immer noch eine tolle Geschichte. Was wir merken: Es gibt andere Schwerpunkte, die Reisen werden vermehrt mit Themen verbunden. Vor einigen Jahren war es noch klassisch: sieben bis zehn Tage weg und jeden Tag Golf spielen. Die Klientel hat umgedacht: Kultur, Gastronomie, einfach mal die Seele baumeln lassen und nur fünf Runden Golf sind im Trend. Die wahnsinnige Affinität zum Golf lässt nach, je länger die Spielerfahrung der Golfer ist. Kurz-Trips von drei Tagen sind immer mehr im Kommen. Zum Beispiel nach Paris und den Ryder-Cup-Platz spielen, aber mitten in der Stadt wohnen. So haben wir für viele Destinationen neben unserem Golfprogramm für unsere Kunden Restaurantempfehlungen in den jeweiligen Städten und reservieren gerne für sie einen Tisch. Das ist eine Wende, früher hieß es: Hotel mit Halbpension. Die Kunden wollen einfach mehr erleben und in das Land, die Stadt eintauchen. Ein Beispiel: Der Kunde fliegt nach Abu Dhabi, wohnt in einem Stadthotel, wechselt schließlich in eines am Strand, und zwischendurch nimmt er sich eine Auszeit in einem Hotel direkt in der Wüste. Golf hat nicht mehr die zentrale Rolle. Gleichzeitig ist bei der Destinationswahl, gerade im Kurz- und Mittelstreckenbereich, die direkte Fluganbindung ein wichtiger Faktor.

Dieses Umdenken dürfte nicht gerade förderlich für die betreute Reise sein, also die mit einem Pro?

Die sind in der Tat rückläufig. Das tut mir wirklich sehr weh. In meinem Körper schlagen nun mal zwei Herzen, da ich diesen Beruf des PGA-Professionals fast 21 Jahre lang in all seinen Facetten ausgeübt habe – mit Betreiben eines Pro- Shops, eigener Golfschule, Driving-Range und als Head-Pro. Viele Pros kennen die Bedürfnisse ihrer Schüler nicht genügend, und sie trauen sich nicht an die exklusiven Erlebnisreisen ran. Das Klima erschwert die Situation zusätzlich: Die Saison wird ja immer länger, und da fahren automatisch weniger Golfer im Herbst weg. Warum auch, wenn wir Ende Oktober 20 Grad haben? Im Frühjahr ist das anders: Jeder weiß, irgendwann erwischt es uns in Deutschland mit Schnee, Regen und tiefen Temperaturen – also fahren sie weg.

Beispielsweise in die Emirate und den Oman. Die Hotels sind erstklassig, die Plätze und der Service exzellent, plus Wettergarantie. Nun taucht Saudi-Arabien auf der Landkarte auf. Sehen Sie Potenzial?

Das ist schwierig. Wir haben erste Kunden, die nach Doha gehen, wo jetzt der zweite Platz eröffnet wurde. Gegenüber Katar und Saudi-Arabien gibt es einfach Ressentiments. Nur, wenn wir ehrlich sind: So haben sich auch Dubai und Abu Dhabi entwickelt. Saudi-Arabien hat ein Projekt mit einem Investitionsvolumen von zehn Milliarden Dollar auf dem Tisch. Wenn die das geschickt anstellen, werden die Golfer das Land als Destination akzeptieren.

Zurück nach Europa, inwiefern spielt der Brexit bei den Buchungen auf die Insel eine Rolle?

Da ist bislang alles sehr stabil, und ich sehe weiterhin eine große Nachfrage trotz des Brexit-Themas. Bislang haben wir als Zentraleuropäer für Schottland, Irland und auch England keine große Rolle gespielt, weil man sich auf den asiatischen und US-Markt fokussierte. Aber der Trend aus Kontinentaleuropa Richtung Insel wird größer.

Gibt es eine »upcoming destination«?

Ich sehe sie momentan nicht, bin aber davon überzeugt, dass Costa Navarino mit den zwei neuen Plätzen große Aufmerksamkeit erfahren wird. Aus einem Resort wird eine Golfdestination! Dann in Portugal Monte Rei mit seinem Hotel und dem zweiten Platz. So was wie Belek, wo innerhalb von zehn Jahren so viele Plätze eröffnet haben, steht in Europa nicht an. Auch weltweit entstehen nicht viele neue Plätze, vielleicht zehn bis 15, und die sind überall verteilt. Ob jetzt noch drei Top-Plätze in den USA fertiggestellt werden, interessiert den deutschen Markt nicht wirklich.

Wie attraktiv ist Golf-Amerika noch?

Wir haben unser Programm ziemlich ausgebaut, doch das hat mit unserer Strategie zu tun. Wir wollen als Reiseveranstalter in jeder Destination die Nummer eins sein. Wir haben beispielsweise Pebble Beach, Doral und Pinehurst im Programm. Es kommen noch ein paar in Kalifornien, Arizona und auf Hawaii dazu, allerdings immer nur absolut hochwertige Anlagen. Am Ende reden wir über fünf bis sechs amerikanische Bundesstaaten, die auch bei unseren Kunden auf Interesse stoßen.

Und Asien, ist dieser Hype vorbei?

Das kann ich so nicht sagen, der Bereich wächst bei uns noch immer. Allerdings haben wir uns vor sieben Jahren nicht nur auf Thailand gestürzt, sondern auch Vietnam und Kambodscha mit in den Vordergrund gestellt. Die größten Umsatzsteigerungen haben wir dieses Jahr mit Neuseeland erzielt. Diesen Teil der Welt wollen die Leute offensichtlich mal sehen und entdecken. Es scheint, dass sich alles neu erfindet. Neuseeland pusht die 5-Star-Lodge-Thematik, mit 100 Prozent Luxus.

Das war ja auch immer der Schwerpunkt von Mauritius. Die Trauminsel im Indischen Ozean, die man einfach mal erlebt haben muss. Ein Dauerbrenner?

Das ist vielleicht etwas zugespitzt, Mauritius ist eine Konstante. Die Insel ist immer wieder gerne in den Köpfen der Kundschaft.

Vom golferischen Gesichtspunkt her dürfte die Dominikanische Republik doch auch eine Alternative sein?

Wenn ich mir die richtigen Golfplätze heraussuche, wie etwa Punta Cana, Punta Espada, Corales, Teeth of the Dog oder Dye Fore – ja, ein Top-Produkt. Nur, wie ich schon erwähnt habe: Der Kunde hat umgedacht, es geht nicht mehr ausschließlich um Golf, und dieses Umdenken trifft für nahezu jedes Ziel zu, egal obnah oder fern.

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