Swiss Seniors Open 2017
20.06.2017

Weltklassegolf in Bad Ragaz

Andre Bossert 01

54 Golfprofessionals über 50 Jahre werden beim Swiss Seniors Open vom 7. bis 9. Juli in Bad Ragaz um 300'000 Euro Preisgeld (45'000 für den Sieger) kämpfen. Auch die 21. Austragung dieses Turniers wartet mit einem Weltklasse-Teilnehmerfeld auf, angeführt von Titelverteidiger Tim Thelen (USA).

Auf der Entry List stehen neun weitere aktuelle Senior-Tour-Champions, unter ihnen Turnierbotschafter André Bossert (Schweiz), und fünf weitere ehemalige Bad-Ragaz-Gewinner. Junges Blut ins Turnier bringen fünf Senior-Tour-Rookies. Für die Qualität des Events spricht auch, dass 18 der Top-20 der Jahresrangliste 2016 eingeschrieben sind.

"Bossy" reif für den Heimsieg?

Der Schweizer hatte sich im Vorfeld der US Senior PGA Championship im Mai am Rücken verletzt, ist dank Therapie aber rasch wieder fit geworden, und präsentierte beim ersten Major der Saison in Form. Beim Heimturnier möchte sich Bossert nun endlich in die Siegerliste eintragen. Dass er auf diesem Platz gut spielen kann, hat der Zürcher in den letzten beiden Jahren an jeweils zwei von drei Tagen bewiesen – 2015 mit einer 61er-Runde am Schlusstag, im Vorjahr war «Bossy» nach zwei Tagen ganz vorne klassiert, vergab den Sieg aber mit einer 74er-Schlussrunde. Die beiden schlechten Tage, die zuletzt einen Schweizer Sieg beim Swiss Seniors Open vereitelt haben, hat Bossert abgehakt. Die Vorbereitung auf die Saison habe gepasst, fürs Swiss Seniors Open ist er optimistisch.

Titelverteidiger Tim Thelen – und neun weitere Saisonsieger

18 der Top-20 der letztjährigen Order of Merit der European Senior Tour haben ihre Teilnahme beim Swiss Seniors Open 2017 zugesagt. Unter ihnen nicht nur André Bossert als Nummer 3 der Saison 2016, sondern auch Tim Thelen (USA), in Bad Ragaz «defending champion». Er könnte – zumindest was dieses Turnier betrifft – mit Senior-Tour- und Bad-Ragaz-Rekordsieger Carl Mason (England) gleichziehen. Mason hat das Turnier 2007, 2008 und 2010 gewonnen und hält mit 25 Senior-Tour-Titeln einen unangefochtenen Rekord. Neben Mason, Thelen und Manson finden sich mit Paul Wesselingh (England, Sieger 2013), Peter Fowler (Australien, Sieger 2011) und Juan Quiros (Spanien, Sieger 2006) insgesamt sechs Spieler im Starterfeld, die den Ragazer Kristallpokal schon einmal gewinnen konnten.

Tim Thelen 04

Interview mit André Bossert

Sie kommen gerade vom ersten Major der Saison, der Senior PGA Championship im Trump National GC in Washington DC, zurück. Nach drei Runden lagen Sie auf Platz 26, am Ende ist’s der 46. Rang geworden. Sind Sie zufrieden?

Wenn man nach drei Tagen in einer Position ist, von der aus man sich in die Top-20 spielen könnte, kann man mit einem 46. Schlussrang nicht zufrieden sein. Kommt dazu, dass man nie happy ist, wenn, so wie bei der Senior PGA Championship, die Schlussrunde schlecht gelaufen ist. Andererseits, wenn ich zurückdenke wie ich mich Anfang Woche gefühlt habe, darf ich nicht klagen.

Sie hatten oder haben gesundheitliche Probleme?

Ich hatte mir eine kleine Rückenverletzung zugezogen, die mich gezwungen hat, meine Vorbereitung aufs erste Major der Saison zu stoppen. Ich habe in den Wochen vor diesem wichtigen Turnier kaum Golf und auch kein Turnier gespielt, sondern mit meinem Medical Team der Schulthess Klinik daran gearbeitet, die Verletzung zu überwinden. Ich war zwar körperlich noch nicht 100-prozentig fit, als ich in die Senior PGA Championship gestartet bin, was sich natürlich aufs Spiel ausgewirkt hat. Aber die gute Nachricht: In den beiden Finalrunden habe ich meine Rückenverletzung nicht mehr gespürt und bin in einen guten Rhythmus gekommen. Meine Physis hat sich von Tag zu Tag verbessert, mittlerweile bin ich wieder «voll da».

Sie haben die Finalrunde mit John Daly gespielt. Auch für Sie als Pro ein Erlebnis?

(lacht) Definitiv. Mit Ausnahme des Leader-Flights hatte John Daly am meisten Zuschauer. Die Menschenmassen, die uns über den Platz begleiteten, waren begeistert und haben das auch lautstark kundgetan. Sie haben mitgelebt, geschrieben und gejubelt. Das ist für einen Sportler sehr motivierend. Die Fans haben nicht nur John Daly gefeiert, sondern auch meine guten Schläge bejubelt. Ein Approach mit Backspin begeistert die Massen.

Andre Bossert 02

Ihre eigene Leistung in der Finalrunde war dennoch eher durchzogen. Was ist passiert?

An den Fans hat’s nicht gelegen. Ich will auch nicht dem Wetter Schuld geben; in der Mitte der Runde gibt’s einige richtig schwierige Löcher, Wind und Regen haben genau zu dem Zeitpunkt am stärksten getobt, als wir diese Bahnen spielten. Da bin ich ein wenig gestrauchelt. Und, ganz ehrlich, wenn so viele Zuschauer dabei sind, ist man als Spieler enttäuscht, wenn man nicht die guten Schläge zeigen kann, die man zeigen möchte. Da wäre ich kurzzeitig am liebsten in den Büschen verschwunden.

Aber Sie haben sich zurückgekämpft.

Ja, das habe ich zum Glück geschafft. Da ist auch der Spass zurückgekehrt und ich habe wieder mit John Daly geplaudert. (lacht) Er ist ein cooler Typ. Und einer der talentiertesten Spieler überhaupt, hat ein unglaubliches Gefühl für den Ball, auch im kurzen Spiel. Auch wenn er nicht zu den ganz Grossen unseres Sports gehört, sticht er bei jedem Turnier heraus, weil sein Spiel aussergewöhnlich gut ist.

Drehen wir die Zeit ein wenig zurück: September 2016. Beim Travis Perkins Masters in Woburn haben Sie – endlich – Ihren ersten Sieg auf der European Senior Tour gefeiert. Wie hat es sich angefühlt, wieder ganz oben zu stehen?

2016 war meine dritte Saison auf der Senior Tour. Wenn man zu einem Turnier antritt, will man gewinnen, aber man kann nicht alles forcieren. Dass ich in Woburn gewinnen konnte, machte mich sehr glücklich und stolz. Es war auch ein wenig befreiend – als Tourspieler arbeitet man ja genau auf solche Momente hin, man will gewinnen.

Der Sieg war deutlich – 4 Schläge Vorsprung. Was hat in Woburn den Ausschlag gegeben, dass Sie das Turnier so souverän zu Ende gespielt und den Sieg geholt haben?

Da haben die Erfahrungen aus den Turnieren zuvor sicher mit hineingespielt. Zwei Monate zuvor war ich in Bad Ragaz als Sieganwärter in die Finalrunde gegangen und dabei sehr ruhig geblieben. Vielleicht zu ruhig. In Bad Ragaz hatte ich mich gut gefühlt, dann machte ich vom Tee ein paar Fehler – und das kostet in Bad Ragaz immer Schläge und damit Positionen im Ranking. Bei der Willow Senior Classic ein paar Wochen später war ich nach zwei Tagen ebenfalls in den Top-5 und versuchte mich in der Finalrunde zu pushen – das hat auch nicht funktioniert. In der Folgewoche in Woburn habe ich dann wohl die goldene Mitte gefunden – und das funktionierte. So klar, wie das Endergebnis aussieht, war die Sache allerdings nicht gewesen. Drei Löcher vor Schluss trennte Ian Woosnam und mich nur ein Schlag. Ich habe auf den letzten neun Löchern aber ein paar entscheidende Up-and-Downs machen können – und die Putts gelocht. Wenn es eng wird um den Sieg, gewinnt derjenige, der auf den letzten Löchern besser puttet. Das war auch in Woburn so.

Man sagt der erste Sieg sei der schwierigste. Wer einmal gewonnen hat, gewinnt auch ein zweites, drittes und viertes Mal. Ist mit diesem Sieg Druck von Ihnen abgefallen? Fühlen Sie sich seit Woburn anders, wenn Sie am ersten Tee stehen?

Was sich in den Monaten seit Woburn für mich selbst geändert hat, ist mein Gefühl bei den ganz grossen Turnieren. Bei der Senior PGA Championship habe ich mich dieses Jahr deutlich wohler gefühlt als früher. Bei Majors ist der Druck immer ein wenig grösser, weil das sportliche Niveau etwas höher ist als während des Jahres. Der Sieg in Woburn hat sicher dazu beigetragen, dass ich nun auch mit mehr Sicherheit bei Majors antrete. Dieses Gefühl der Sicherheit hatte ich auf der European Senior Tour bereits vor Woburn schon gehabt, aber bei Majors war ich bisher doch etwas kribbeliger gewesen. Dieses Vertrauen ins eigene Spiel hat mir letzte Woche bei der Senior PGA Championship auch geholfen, ein gutes Resultat zu erreichen, ohne körperlich topfit zu sein.

Sie waren gesundheitlich angeschlagen, auf der Senior Tour wurde zuletzt im März in den Vereinigten Arabischen Emiraten gespielt – doppelt schwierig?

Es macht die Aufgabe in der Tat nicht einfacher, wenn man nach zwei Monaten Turnierpause gleich ein Major spielen darf. Und wenn einen in der Vorbereitung auch noch eine Verletzung ereilt, ist das eher «unglücklich». Ich habe alles daran gesetzt, bei diesem ersten Major der Saison dabei sein zu können, es hat sich gelohnt. Nun freue ich mich extrem auf die US Senior Open und die British Senior Open – bis dahin bleibe ich hoffentlich gesund und im Turniermodus.

Sie haben sich zwischen den Senior-Tour-Events mit der Teilnahme an der Swiss PGA Team Championship und einem Alps Tour-Turnier im Turniermodus gehalten. Wie ist es, mit Konkurrenten am Abschlag zu stehen, die halb so alt sind?

Für mich ist es eine gute Challenge mit jüngeren Pros zu spielen, die den Ball richtig weit schlagen – das motiviert mich, ebenfalls mehr Gas zu geben. Bei der Vorbereitung auf ein Turnier macht es für mich keinen Unterschied, ob ich ein Swiss-PGA-Event oder ein Senior-Tour-Turnier spiele. Um auf der Tour reüssieren zu können, muss man in den Turnier-Rhythmus kommen. Das schafft man nicht, wenn man alleine oder mit Freunden auf die Runde geht. Ohne diese Turniere wäre ich nicht parat für die Senior Tour.

Woran werden Sie bis zum Swiss Seniors Open im Juli noch arbeiten?

Im technischen Bereich habe ich in der Vorbereitung auf die Saison bereits alles gemacht, was ich mir vorgenommen habe; jetzt ist die Zeit gekommen, die Früchte der Arbeit zu ernten. So wie letzte Woche, wo ich ein paar wirklich gute Lob-Shots gemacht habe und von meinen Mitspielern John Daly und Joey Sindelar gelobt worden bin. Es hat drei Jahre gebraucht, bis sich die Änderungen im Kurzspiel in guten Resultaten niederschlagen. In den nächsten Wochen werde ich etwas mehr spielen und an Feinheiten arbeiten – Fades, Draws, verschiedene Lagen.

In Bad Ragaz haben Sie in den vergangenen beiden Jahren jeweils zwei tolle Runden gezeigt, die auf einen Heimsieg hoffen liessen. 2016 schossen Sie sich am Finaltag mit einer 74 aus der Entscheidung, 2015 beraubten Sie sich mit einer 73 am Samstag aller Siegchancen und stellen am Sonntag mit 61 Schlägen den Platzrekord ein. Welche Vorkehrungen treffen Sie, damit 2017 erst der Montag ihr schlechter Golftag sein wird?

(lacht) Oje, das ist einfach Golf. Diese Turniere sind Geschichte. Es wäre aber schön, wenn ich 2017 die guten Runden wiederholen könnte. Meine Vorbereitung auf die Saison passte, und der Schwung wird im Juli hoffentlich dort sein, wo er sein sollte. Ich werde direkt aus den USA kommen – und, wenn ich den Cut bei der US Senior Open schaffe, eine anstrengende Woche hinter mir haben. Der Vorteil: Dann bin ich im Turnierrhytmus und auch im Spiel. In Bad Ragaz ist es wichtig, die Fairways zu treffen und mit den kurzen Eisen präzise Schläge zu machen. Daran arbeite ich fortlaufend. Im Hinblick auf diese Saison habe ich die grössten Fortschritte beim Putten gemacht. Zusammen mit meinem Coach Paul Dougan habe ich im Training mein Putting analysiert – die Daten sprechen eine klare Sprache. Letzte Woche bei der Senior PGA Championship hat es sich ausgezahlt. Aufgrund meiner Verletzung habe ich zwar im langen Spiel mehr Fehler gemacht als normal, dann aber mehrere Putts aus fünf bis sechs Metern gelocht.

Sie werden im Juli zum vierten Mal beim Swiss Seniors Open am Start sein. Wie hat sich das Turnier seit Ihrem ersten Antreten entwickelt?

Schon als ich das erste Mal teilgenommen habe, war dies eines der bestorganisierten Turniere auf der Senior Tour. Seit ich Botschafter dieses Turniers bin, gebe dem OK-Präsidenten kleine Inputs – aber viel kann man beim Swiss Seniors Open nicht verbessern, es sind wirklich nur Kleinigkeiten. Die grösste Änderung werden wir dieses Jahr wohl durch das neue Clubhaus und die umgebauten Bahnen 10 und 11 erfahren.

Sie sind Mitglied im Senior Tour Committee, wo können Sie Einfluss auf die Entwicklung der Tour nehmen?

Als Spieler habe ich direkt keinen Einfluss auf die Entwicklung der Tour. Aber im Committee besprechen wir natürlich immer wieder, was die Tour weiterbringen könnte. Wir machen uns unter anderem Gedanken über neue Formate und sprechen mit den Tour-Verantwortlichen. Was wir Spieler direkt beeinflussen können, ist die Atmosphäre bei den ProAms, dort können wir den Gästen der Sponsoren eine gute Zeit bieten.

Die letzten Jahre waren für die European Senior Tour eher schwierig. Nun hat sie in den Vereinigten Arabischen Emiraten wieder ein neues Turnier bekommen. In welche Richtung geht es mit dieser Tour?

Richtig, 2017 ist das erste Jahr, wo es mit der Senior Tour wieder aufwärts geht. Die European Tour hat mit Keith Pelley einen neuen CEO bekommen und ich bin zuversichtlich, dass er gute Inputs gibt und die Tour vorwärts bringt. Auch der neue Direktor der Senior Tour sowie der Social Media Verantwortliche stimmen mich zuversichtlich. Pelley ist mutig und probiert auf der European Tour neue Formate aus, das könnte auch für die Senior Tour ein Weg sein – die Bedürfnisse von Sponsoren und Zuschauern sind nicht in allen Regionen der Welt die gleichen. Darauf müssen wir eingehen und uns an die unterschiedlichen Märkte anpassen. Grundsätzlich denke ich, dass die Weichen richtig gestellt sind und es mit der Senior Tour wieder aufwärts gehen wird. Aber es ist harte Arbeit notwendig, um die Tour zum Wachsen zu bringen.

Harte Arbeit hat Sie 2016 auf Rang 3 in der Order of Merit der European Senior Tour gebracht. Welchen Stellenwert hat diese Ranglistenposition am Ende einer Saison?

Wenn man Ende Saison auf Platz drei der Order of Merit steht, hat man etwas erreicht – darum macht mich dieser dritte Rang stolz. Diese Order of Merit ist eine Jahresrangliste, in welche die Resultate der ganzen Saison einfliessen, und damit die Bestätigung kontinuierlich guter Arbeit. Über diese Order of Merit werden auch Startplätze bei den Majors vergeben, mit der Top-10-Klassierung von 2015 war ich letztes Jahr bereits für die British Senior Open qualifiziert. Platz 3 in der Jahreswertung von 2016 garantiert mir nun einen Startplatz bei der US Senior Open sowie der Japanese Senior Open. Das ist für mich neu und ein weiterer Schritt nach vorn.

Ein Sieg auf der European Tour, ein Sieg auf der Senior Tour, drei Siege auf der Challenge Tour – neben Ihnen haben nur acht weitere Golfer auf allen drei Tours gewinnen können. Was bedeutet dieses «Triple» für Sie persönlich?

Die «Triple Crown»… (lacht) Als ich vor drei Jahren erfahren habe, dass mein guter Kollege Pedro Linhart auf allen drei Touren gewinnen konnte, dachte ich schlicht: «Cool!» Dann überlegte ich, dass ich auf zwei dieser drei Touren bereits gewonnen hatte, mir also «nur» noch ein Titel auf der Senior Tour fehlte. Den habe ich mir letzten September in England geholt. (lacht) Diese «Triple Crown» an sich ist nicht das Ziel, das man als Sportler verfolgt. Man will Turniere gewinnen. Wenn man erfolgreich ist, landet man automatisch in zahlreichen Statistiken, von denen es im Golf bekanntlich wimmelt. Aber natürlich bin ich stolz, dem kleinen Kreis von Spielern anzugehören, die auf allen drei Touren gewinnen konnten.


Interview: Mirjam Fassold, Swiss Seniors Open

Das Swiss Seniors Open 2017 im Überblick

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